Seit 2011 veranstaltet das europäische Parlament einmal
jährlich Agora, wo junge Menschen die Möglichkeit haben, ein Thema zu
debattieren und Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Das diesjährige Thema ist
Jugendarbeitslosigkeit.
Ein bisschen Statistik: Die Jugendarbeitslosigkeit in Europa
ist auf einem Allzeithoch, in Griechenland sind etwa 60% aller jungen Menschen
Arbeitslos! Österreich ist mit 9,2% (Stand Juli 2013) eine Insel der Seeligen.
Hauptproblem sind sogenannte NEETs - das seht für not
employed, not in education or training. Die Zahl der NEETs in Europa ist
erschreckend - 12,9% der europäischen Bevölkerung fällt darunter. Was sind die
Gründe für diese Arbeitslosigkeit? Da sind sich Experten nicht einig. Als
sicher gilt jedoch, dass ein niedriger Bildungsgrad mit einer erhöhten Chance
auf Arbeitslosigkeit einhergeht.
Interessant auch der Fakt, dass Jugendarbeitslosigkeit, vor
allem in Südeuropa, immer relativ hoch war, Ende der 60er sowie Anfang der 90er
gab es ähnlich hohe Jugendarbeitslosigkeit wie heute.
Die Lösungen der Komission sind eher homöopathisch - Doris
Pack, konservative Parlamentarierin aus Deutschland pries zB den Europäischen
Freiwilligendienst als Schlüssel zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit. Ich
stimme dem nicht zu. Auch die Ausweitung von Praktika und dergleichen seh ich
sehr skeptisch. Überhaupt merkt
man hier eine konservative Hegemonie: ein weiterer Lösungsansatz war, dass
junge, arbeitslose Menschen sich doch selbstständig machen sollen. Auch erhöhte
Mobilität wurde vorgeschlagen. Das ist meiner Meinung nach aus mehreren Gründen
problematisch: Zum einen führt es zu einem massiven Brain Drain, der sich zB
gut in Bulgarien beobachten lässt, zum anderen werden Menschen gezwungen, sich
Jobs anzupassen. Die Lösung kann doch nicht sein, dass Arbeitslose quer durch
Europa reisen müssen, um einen akzeptablen Job zu finden!
Ich bin der Meinung, dass vor allem mit Vollzeitjobs
geholfen werden muss. Wichtig sind gut bezahlte Vollzeitjobs -
Kettenarbeitsverträge, befristete Dienstverhältnisse, Traineeships, das sind
Jobs die junge Menschen hauptsächlich ausbeuten. Vielen bleibt aber nichts
anderes übrig...
Ein paar erschreckende Redebeiträge gab es dann gestern auch
noch - so war ein Teilnehmer der Meinung, dass es ohnehin zu viele gut
ausgebildete Menschen in Europa gibt, und viel zu viele menschen nicht in ihrer
Heimat arbeiten.
Tag zwei beginnt mit einer Überraschung. Das europäische
Parlament inBrüssel ist schon ein bisschen älter, und deshalb wurden in viele
Sitzungsräume nicht wirklich viele Steckdosen eingebaut, Gestern musste ich
aufhören von der Konferenz zu twittern, weil mein Notebook ohne Akku war. Heute
in der Früh bekomm ich einen Platz mit Steckdose :)
Seit knapp drei Stunden diskutieren wir nun über den Zugang zum
Arbeitsmarkt für junge Menschen. Hauptsächlich gehts dabei um Praktika - die
Teilnehmer sind nahezu geschlossen der Meinung, dass unbezahlte Praktika ein
Riesenproblem für junge Menschen sind, weil die dadurch in einer Spirale voller
un- oder schlecht bezahlter Jobs geworfen werden. Ich freu mich jedenfalls auf die weitere Diskussion heute
und was dabei rauskommt. Die Richtung jedenfalls stimmt.
Problematisch ist auch, dass Arbeitslosigkeit immer noch als
Nationalstaatliches Problem gesehen wird.
Direkte Programme gegen Arbeitslosigkeit gibt es kaum, die viel
besungene Jugendgarantie ist mit lächerlichen 6 Milliarden Euro ausgestattet.
Dass die Jugendarbeitslosigkeit meiner Meinung nach auch von einer Austeritätspolitik kommt,
ist hingegen kaum Thema...
Die Konferenz kann man auch im Webstream verfolgen: http://www.europarl.europa.eu/ep-live/en/schedule?filterBy=other (ich sitz im Panel 2), der Hashtag ist #agora2013
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