Donnerstag, 15. November 2018

Kritischer Journalismus? Fehlanzeige.

Lieber DER STANDARD!
Ich finds cool, dass ihr einen Artikel über Bauen & Wohnen in Wiener Neustadt macht. Immerhin ist das die zweitgrößte Stadt in NÖ, bis zum Erreichen der 50.000 Einwohner-Marke dauerts nimmer all zu lang, und nicht nur als Schulstadt ist Wr. Neustadt von überregionaler Bedeutung.

Warum ihr aber in dem Artikel ausschließlich den zuständigen Stadtrat der schwarz-blauen Regierung zu Wort kommen lasst, erschließt sich mir nicht ganz. Kein kritisches Wort ist da zu lesen, niemand, der die Pläne der Stadtregierung nicht so cool findet, wird befragt. Dabei gäbs doch eigentlich genug, das so einen Artikel bereichern würde. Wie wärs zb mit einem Absatz über die Bebauung des Fohlenhofes? Da regt sich nämlich einiges an Widerstand gegen die Pläne, ein Stück Akademiepark zu verbauen. Man hätte da durchaus mal einen Blick auf die Homepage der IG Akademiepark für Alle werfen können
 Aber ja, immerhin werden Wohnungen gebaut. Das stimmt so auch, gleichzeitig veräußert die Stadt (desolate) Gemeindewohnungen. 

Dinhobl darf Jubelpersern, dass in der Stadt massig Geld investiert wird, nicht zuletzt wegen der Landesausstellung. Und auch da wird nicht erwähnt, dass das Land den Geldhahn erst geöffnet hat, seit 2015 die ÖVP den Bürgermeister stellt - der gleichzeitig auch Klubobmann der Schwarzen im NÖ Landtag ist. Exemplarisch dafür: 2014, im Jahr vor der Machtübernahme, erhielt die Stadt gerade einmal 21.700€ an Bedarfszuweisungen vom Land. Letztes Jahr warens sogar 2,2 Mio € - eine Steigerung von 8.000%!



Und dann gehts in dem Artikel auch noch um Leerstand in der Innenstadt. Das ist tatsächlich ein gigantisches Problem. Nur wird mit keinem Wort der Marienmarkt werwähnt, das Prestigeprojekt von ÖVP-Bürgermeister Schneeberger. Der sollte ja immerhin die Menschenmassen in die Innenstadt locken. Aber warum? Könnte es eventuell daran liegen, dass der Markt nicht funktioniert? Die Mieter wechseln fleissig hin und her, die Frequenz ist niedrig, und eigentlich hat der Markt keinerlei Mehrwert - ausser dass der Hauptplatz nun verbaut ist. Dass dafür Kebapstandler mit rassistischen Argumentationen vertrieben wurden, wird ebenfalls mit keinem Wort erwähnt. 

Schade, lieber DER STANDARD, da hätt ich eigentlich etwas anderes von dir erwartet. Es gäb genug Menschen, die in so einem Artikel etwas zu sagen hätten. Leider sind sie alle nicht zu Wort gekommen.

Montag, 6. August 2018

#tatort - ein Reanimationsrant

Gestern war wieder Tatort, der erste nach der Sommerpause. Und der war auch handwerklich richtig gut gemacht, die Story war vielversprechend, und vor allem die Idee, einen ganzen Tatort im One-Shot zu drehen, ist richtig cool. Trotzdem wars dann eine eher schwache Folge, dann auch noch das: Eine grottenschlechten Reanimation.


Hey, zu recht können jetzt viele sagen: Das ist Nerd-Zeug, niemand interessierts, niemand kriegts mit. Aber ich finde, genau solche Details machen Filme aus. Und nebenbei halt ich es für wichtig dass Menschen Erste Hilfe leisten & somit auch Laienreanimation können. Dafür ist eine realistische Darstellung im Fernsehn gar nicht mal so unwichtig.

Die ganze Szene gibts hier zum Nachsehen (ab etwa 01:03:30).

Man sieht da einen Schweizer Sanitäter, der eine Frau reanimiert. Alleine, während ein zweiter Herr im Anzug alle paar Sekunden mit dem Defi drauf schießt. Und beides passiert in einer Frequenz, die einfach unterirdisch ist. Das ganze ist zwar um einen Tick realistischer als die schlechteste Film-Reanimation aller Zeiten, aber trotzdem noch grauenhaft.


Dabei wärs doch gar nicht so schwer, eine Reanimation im Film richtig darzustellen. Das ist dann halt leider nicht so spektakulär und actiongeladen wie alle 10 Sekunden mit dem Defi zu schocken, aber realistisch. Zumindestens die Geschwindigkeit der Herzdruckmassage köntne man richtig hinkriegen - die lag beim gestrigen Tatort ja jenseits von gut und böse; sprich viel zu schnell.

Wie also funktioniert eine ordentliche Laienreanimation?

Lebenszeichen überprüfen, eh klar. Und dann gibts im wesentlichen nur 3 Dinge zu beachten:

1. Notruf wählen! (Und dann einfach das tun, was die Leute am anderen Ende der Leitung sagen). Oder Notruf absetzen lassen.

2. Staying Alive: Klingt zynisch, ist aber ein Stück das ziemlich viele kennen, und in dessen Beat optimal reanimiert werden kann, nämlich mit 100x Drücken/Minute. Die ideale Drucktiefe ist 5cm, also ruhig kräftig reindrücken.

3. Beatmung: Wer nicht will/kann, lasst das einfach weg. Nur Drücken reicht erstmal. Natürlich ist es gut, wenn beatmet wird, im Zweifel ist aber die reine Herdruckmassage besser als gar nix. Das sagen auch die 2015 aktualisierten Leitlinien des ERC oder die EH-Guidelines vom Roten Kreuz.

Zusätzlich: Defi! Nach Möglichkeit einen Defi holen. Die Dinger sind mittlerweile OK an öffentlichen Plätzen verteilt und erhöhen die Chance auf eine positive Wiederbelebung. Und viele Defis geben auch ganz gute Anweisungen was zu tun ist.

Vinnie Jones erklärt in diesem Video echt gut, wie das alles funktioniert:


Die meisten Kreislaufstillstände finden in beobachteter Umgebung statt. Erste Hilfe rettet Leben. Ich würds cool finden, wenn das auch im Fernsehen dementsprechend realistisch dargestellt wird.

Und im Zweifel hilfts natürlich einfach mal einen Erste Hilfe Kurs zu machen un die Kenntnisse ein bisschen auffrischen. Super Infos gibts auch beim Verein Puls: www.puls.at

Was den Luftröhrenschnitt mit Schweizer Taschenmesser betrifft, der ja auch in der Folge (und zuvor schon in einem Münster-Tatort) vorkommt, sollte mittlerweile eh jedem klar sein: Das funktioniert so zwar maximal im klinischen Umfeld (und da sogar mit Kugelschreiber), aber mit Sicherheit nicht im Ernstfall. Und im Gegensatz zur Herzdruckmassage ist das ja eh kein Teil der Ersten Hilfe. Insofern lässt man das mal lieber bleiben ;)