Sonntag, 23. Dezember 2012

25 weitere Gründe für die Wehrpflicht, die Schwachsinn sind.

Die ersten 50 Gründe des Personenkomitees "Einsatz für Österreich" waren ja schon alle widerlegbar, was aktuell aber an Argumenten aufgeboten wird, entbehrt jeglicher Seriosität. Da wird zum Beispiel aus einem Argument durch Umformulierung ganze acht Argumente. An deren inhaltlicher Falschheit ändert sich dadurch natürlich nichts. Also, hier sind die nächsten 25 Argumente, die allesamt Schwachsinn sind:

#51
Beim Hochwasser 2002 waren 11.000 Grundwehrdiener im Einsatz und haben den Menschen geholfen! Ein Berufsheer wäre dazu nicht imstande gewesen
Fragen wir doch den damaligen Kommandanten des Einsatzes, General iR Hubertur Trauttenberg.

#52
Eine Berufsarmee kann den Katastrophenschutz nicht sicherstellen, da sie nicht über ausreichendes Personal verfügt.
Das habe ich ja schon ausreichend widerlegt. Kleine Warnung im Voraus: das Argument kommt jetzt insgesamt noch sechs mal.
#53
Kommt eine Berufsarmee, werden mit einem Schlag 1.800 qualifizierte Pioniersoldaten auf 180 reduziert!
Woher diese Zahl stammt, ist mir schleierhaft. Belegen lässt sich das nicht, somit ist das reine Spekulation und Panikmache.
#54
Bei den zahlreichen Murenabgängen und Überschwemmungen in der Steiermark und in Tirol allein diesen Sommer waren hunderte Grundwehrdiener im Katastropheneinsatz.

In erster Linie waren zahlreiche Feuerwehren im Einsatz, die, rechtliche Absicherung vorausgesetzt, noch viel länger, besser und intensiver helfen könnten. 400 angeblich eingesetzte Präsenzdiener sind etwa 1,66% alle 2011 eingerückter Soldaten.
#55
Bei Prämien von 5.000 € für die sogenannte freiwillige Miliz stehen ehrenamtlichen Helfern im Einsatz bezahlte Arbeitskräfte gegenüber. Dieses Zweiklassensystem von Helfern wäre das Ende des Ehrenamts.
Dass gerade ein System des Verdienstentganges für Feuerwehren diskutiert wird, sodass auch freiwillige Feuerwehrler ihren Einsatz bezahlt bekommen, ist den Autoren dieser Argumente wohl entgangen. Auch jetzt stehen zB beim Roten Kreuz Hauptberufliche Helfer Ehrenamtlichen gegenüber.
#56
Bei der Lawinenkatastrophe von Galtür 1999 wurden 18.000 Menschen von unserem Bundesheer ausgeflogen. Wie hätte das ohne Unterstützung der zahlreichen Grundwehrdiener organisiert werden sollen?
Ich kennen keinen einzigen Grundwehrdiener, der Hubschrauber fliegt. Und ohne Unterstützung der NATO (!) hätte die Luftbrücke niemals aufrecht erhalten werden können. Von 53 militärischen Hubschraubern, die im Einsatz waren, waren 28 Stück aus Nachbarländern bzw. der USA, auch die Flugstatistik zeigt ein ganz klares Plus für ausländische Hubschrauber. Was das Bundesheer also braucht, sind nicht Hilfsarbeiter, sondern ausgebildete Spezialisten.
#57
Nur die Wehrpflicht ist Garant für ein Bundesheer mit der notwendigen Mannstärke beim Katastrophenschutz.
Schön langsam wirds langweilig, aber gut, nochmal: Ein Berufsheer bietet gemeinsam mit 253.000 Feuerwehrleuten, die binnen Minuten vor Ort sind, eine Miliztruppe mit 9300 speziell für Katastrophen geschulten Soldaten.
#58
Unsere Soldaten leisten einen wichtigen Beitrag zur Katastrophenhilfe: Ob bei Erdbeben oder dem verheerenden Tsunami 2004 - unser Bundesheer hilft weltweit Menschen in Not.

Am AFDRU/SRI LANKA-Einsatz des Bundesheeres waren rund 60, am UNDAC-Einsatz in Pakistan waren 8 Österreicher beteiligt. Aufgestellt wird AFDRU erst im Anlassfall aus Freiwilligen des Aktiv- und Milizstandes und im Bedarfsfall durch zivile Spezialisten wie zum Beispiel Rettungshundeführer ergänzt. Was das also mit der Wehrpflicht zu tun hat - man weiß es nicht so genau.
#59
Wenn Einsätze länger dauern, brauchen Freiwillige Feuerwehren dringend Unterstützung von unserem Bundesheer.
Was die Feuerwehren in erster Linie brauchen, ist eine gesetzliche Regelung zum Verdienstentgang während ihres Einsatzes - und an einer Östereichweiten Lösung sind gerade die Mitglieder des Pro-Wehrpflichtkomitees nicht interessiert.
#60
Bei Katastrophen brauchen wir tausende Wehrpflichtige, die Sandsäcke füllen, Brücken bauen und Betroffene evakuieren.
Was bei Katastrophen notwendig ist, weiß wohl niemand so gut wie der Chef des Bundesfeuerwehrverbandes: "Letztlich geht es nicht darum, wie viele Leute vor Ort sind, sondern wie viel fachliche Kapazität." - ein klares Bekenntnis zum Berufsheer.
#61
Das Bundesheer hilft auch bei Waldbränden und Sturmschäden. Ohne Wehrpflichtige wäre das bei großflächigen Katastrophen undenkbar.
Ein Argument in der mittlerweile x-ten Ausführung. Siehe viele der 60 Argumente zuvor.
#62
Unwetterkatastrophen werden ständig mehr. Wer den Blick in die Zukunft richtet, darf nicht auf unsichere Experimente ohne Grundwehrdiener setzen.
Fast könnte man meinen, ohne der Wehrpflicht nimmt die globale Erderwärmung überhand! Aber auch dieses Argument ist bereits mehrfach widerlegt worden. 253.000 Feuerwehler, 9300 Milizionäre für Katastrophenschutz, im Ernstfall Mobilmachung von 12.500 Mann. Und das ohne einen einzigen Präsenzdiener.
#63
Ohne Wehrdienst gibt es keinen Zivildienst!
Das ausgerechnet der Zivildienst, der immer noch strukturell benachteiligt ist (9 statt 6 Monaten, erschwerter Zugang zu Polizei und Justitzwache, politisch nie gewollt) als Argument für die Wehrpflicht herhalten muss, ist grotesk. Der Zivildienst ist ein Wehrersatzdienst, und als solcher sollte er eher die Ausnahme als die Regel werden. Dass er trotzdem so ein Erfolgsmodell wurde, hat damit zu tun, dass gerade Rettungsorganisationen die Zivis für Arbeiten missbrauchen, die sie eigentlich nicht machen dürften (vollwertige Kräfte statt Hilfsdiensten). Mehr dazu in den kommenden Tagen in einem eigenen Blogpost.
#64
Ohne den Dienst am Menschen droht der Kahlschlag im Sozialbereich.

Mit fairen Löhnen, guter Ausbildung und vertretbaren Arbeitszeiten ließen sich mehr Menschen im Sozialbereich einstellen - und nicht nur Zivildiener, die so ganz nebenbei die Löhne für Hauptberufliche drücken.
#65
Der Dienst am Menschen ist unverzichtbar und kann nicht mit Geld aufgewogen werden!
Laut dieser Argumentation müsste jede Dienstleistung, die für Menschen erbracht wird, unentgeltlich sein.
#66
Der Zivildienst bringt junge Männer in Sozialberufe. Ein Bereich, in dem traditionell wenige Männer tätig sind.
Das Freiwillige Soziale Jahr bringt Menschen beider Geschlechter sowie aller Altersgruppen in Sozialberufe.
#67
Der Zivildienst ist erprobt und lässt sich nicht ersetzen.
Der Zivildienst ist alles andere als erprobt, sondern die klassische Österreichische Lösung - und wurde zu einer vermeintlichen Stütze im Sozialsystem, obwohl er dafür nie vorgesehen war. Siehe auch Argument #63
#68
Der Zivildienst garantiert, dass die Rettung heute in wenigen Minuten am Unfallort ist.
Das garantieren die gesetzlich festgelegten Hilfsfristen. Beispiel Wiener Neustadt: In der Nacht sowie am Wochenende und an Feiertagen machen keine Zivis Dienst - die Hilfsfristen werden trotzdem eingehalten. Am Notarztwagen versehen überhaupt keine Zivildiener Dienst - auch untertags nicht. Trotzdem kommt der Notarzt binnen Minuten.
#69
Der demografische Wandel zeigt: Wir werden in Zukunft noch stärker auf soziale Dienste angewiesen sein. Der Zivildienst ist daher unentbehrlich.
Der demografische Wandel zeigt auch: Wir werden schon in wenigen Jahren zu wenig junge Menschen haben, die Zivildienstpflichtig werden können.
#70
14.000 unersetzbare junge Österreicher leisten jedes Jahr ihren Zivildienst bei den österreichischen Hilfsorganisationen.
Siehe Argument #63
#71
Der Zivildienst ist die Grundlage für späteres ehrenamtliches Engagement. Geben wir der solidarischen Gesellschaft eine Chance.

Dass eine Gesellschaft ohne Zivildienst unsolidarischer ist, ist natürlich genau so ein Schwachsinn wie die Tatsache, dass Ehrenamt nur durch Zivildienst möglich ist.
#72
Das Rettungswesen, die Behindertenbetreuung, die Sozialhilfe und die Altenbetreuung sind auf Zivildiener angewiesen.
Dass Zivis diese Aufgaben, die sie aktuell übernehmen, eigentlich nicht machen dürfen, und nebenbei Löhne drücken und gut ausgebildete Festanstellungen verhindern, sei nur so nebenbei erwähnt.
#73
Der Zivildienst ist die Stütze unseres Sozialsystems. Die Schwächsten unserer Gesellschaft verlassen sich darauf.
Das "Erfolgsmodell Zivildienst" war genau von denjenigen nie gewollt, die jetzt damit die Wehrpflicht verteidigen. Die Schwächsten unserer Gesellschaft erwarten sich Hilfe. Ob von Zivis oder gut ausgebildeten professionellen Kräften - die Wahl ist glaub ich leicht zu entscheiden.
#74
Der Wegfall des Zivildienstes bedeutet den Wegfall vieler wichtiger und gewohnter Sozialleistungen.
... die durch (ich weiß, ich wiederhole mich, aber die mangenden Argumente der Wehrpflichtbefürworter lassen nichts anderes zu) professionelle Kräfte ersetzt werden können.
#75
Wenn der Zivildienst wegfällt, gibt es auch keine Auslandszivildiener mehr bei internationalen Gedenkstätten! Der Auslandszivildienst ist die geistige Visitenkarte unserer Heimat im Ausland.
Der Auslandszivildienst ist kein Zivildienst im eigentlichen Sinne, sondern wird auf den Zivildienst angerechnet. Er dauert 12 Monate, und ist noch schlechter abgesichert, als ein normaler Zivi - die Trägerorganisation darf pro Zivi maximal € 4500,- aufwenden. Die monatliche Entlohnung beträgt ca. 300 - 500 Euro. Wenn man unterbezahlte Arbeitskräfte als Österreichs Visitenkarte ansieht, dann ist der Auslands"zivil"dienst ein perfektes Beispiel. Dass sich trotzdem viele junge Menschen diesen Dienst antun, ist ein tolles Zeichen - und verdient es nicht, von den Wehrpflichtbefürwortern instrumentalisiert zu werden.

Generell lässt sich sagen, dass die Argumentation mit Halbwahrheiten und unüberprüfbaren Behauptungen seit den ersten 50 Argumenten noch mehr zugenommen hat - was fast schon nicht mehr möglich war. Dazu kommen wissentliche Falschaussagen ("Ohne Zivildienst kommt die Rettung später"). Ich freu mich schon auf Argumente wie "Wer gegen die Wehrpflicht ist, ist ein Volksverräter", "1000 Grundwehrdiener helfen täglich im Haushalt beim Kochen" sowie "Ohne Wehrpflicht wird Österreich von einer gigantischen Überschwemmungs-Lawinen-Mure heimgesucht, die alles Leben auslöscht".



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